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Bereits zum vierten Mal fand der Bamberger Hochschultag für Ökosoziale Marktwirtschaft & Nachhaltigkeit statt. (© Niklas Ritzel | Universität Bamberg)

Teilen statt besitzen – die sogenannte Sharing Economy ist „in“. Der 04. Bamberger Hochschultag befasste sich mit dieser neuen Entwicklung. Er begab sich auf einen Streifzug durch eine Ökonomie des grünen Wachstums und untersuchte, wie nachhaltig das Konzept wirklich ist und wo seine Tücken liegen. Wie beliebt der Trend zum Teilen ist, zeigt die aktuelle Umfrage des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF): Jeder dritte Deutsche kann sich vorstellen, auf Eigentum zu verzichten und stattdessen Produkte zu tauschen und zu teilen. In der Generation der 14- bis 29-Jährigen – und damit der Studierenden – findet sogar fast jeder zweite diesen Gedanken reizvoll.

„Mittlerweile sind immer mehr gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen hin zur Nachhaltigkeit zu beobachten. Hier ist auch das Konzept der sogenannten Sharing Economy einzuordnen“, sagte Prof. Dr. Frank Wimmer, ehemaliger Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere für Absatzwirtschaft der Universität Bamberg. Wimmer führte am 08. Juni beim Bamberger Hochschultag für ökosoziale Marktwirtschaft & Nachhaltigkeit nach einer Begrüßung durch Universitätspräsidenten Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert in die Grundzüge der Sharing Economy ein, bevor fünf Vorträge und Praxisberichte das Thema unter die Lupe nahmen.

Sharing Economy sei ein Konzept, das auf dem Prinzip der gemeinschaftlichen Nutzung von Ressourcen basiere, so Wimmer. „Grundsätzlich können zwei Modelle unterschieden werden: Die gemeinsame Nutzung wie das Verleihen über Online-Leihportale sowie die dauerhafte Abgabe gebrauchter Gegenstände wie das Tauschen oder Verschenken“, erklärte Wimmer.

Sharing Economy hat hohes Nachhaltigkeitspotenzial

Ob Car- oder Bikesharing, Urban Gardening, Couchsurfing, Crowd Funding oder Food Sharing – Projekte aus dem Bereich der Sharing Economy gibt es viele. So werden Gärten gemeinsam bewirtschaftet und gepflegt, Gäste aus aller Welt auf der heimischen Couch kostenlos empfangen oder Kleider auf Tauschbörsen getauscht. „Die Digitalisierung hat dafür gesorgt, dass Nachfrage und Angebot im Internet virtuell miteinander vernetzt werden und dass die Anzahl von Sharing Economy-Projekten in rasantem Tempo gestiegen ist“, sagte Prof. Dr. Reinhard Loske von der Universität Witten/Herdecke.

Der Nachhaltigkeitsforscher beschäftigte sich am Hochschultag vor allem mit der Frage, wie realistisch die Hoffnung auf ökologisches Wachstum ist. „Konzepte für grünes Wachstum sind wirkungslos, wenn sie nicht eingebettet sind in einen Kontext politisch flankierender Maßnahmen wie Regulierungen und Anreize“, so Loske. Denn obwohl die Sharing Economy ein hohes Nachhaltigkeitspotenzial hat, führe sie nicht automatisch zu einem Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft.

Tücken der Effizienzsteigerung

Auf diese Herausforderung der Sharing Economy wies auch Dr. Harry Lehmann vom Umweltbundesamt hin. „Durch die Steigerung der Effizienz können Produkte oder Dienstleistungen mit weniger Ressourcenverbrauch geschaffen werden oder Ressourcen effizient miteinander geteilt werden. Das hat aber wiederum Rückwirkungen auf das Kaufverhalten und den Gebrauch der Produkte – sogenannte Rebound-Effekte“, erklärte Lehmann.

Ein einfaches Beispiel: Durch Carsharing-Modelle sind Autos für jedermann günstig und flexibel verfügbar. Das wirkt sich auf das Fahrverhalten aus: Wege werden häufiger mit dem Auto zurückgelegt und öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad dafür weniger genutzt. So sei Sharing alleine keineswegs das neue Wundermittel für nachhaltigen Konsum, so Lehmanns Fazit.

Viele nachhaltige Initiativen werden kommerzialisiert und zu richtigen Geschäftsmodellen, warnte Prof. Dr. Niko Paech von der Universität Oldenburg – der Gedanke der Nachhaltigkeit rücke dabei immer weiter in den Hintergrund. „Vor allem die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen und regulieren – ohne Ansätze der Sharing Economy zu behindern. Und trotzdem ist der Einzelne in der Gesellschaft von der Verantwortung, sich für Nachhaltigkeit einzusetzen, nicht ausgenommen.“ betonte der Wachstumskritiker.

Auf den Auftakt des Bamberger Hochschultages folgten Workshops: Am Donnerstag, den 09. Juni zeigte die Umweltinitiative Transition Bamberg, wie solidarisches Teilen in einer Stadt organisiert werden kann. So wurden eine Besichtigung des Umsonstladens und des Selbsterntegartens angeboten. Am Freitag, den 10. Juni fand der Open Water Day in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insbesondere Energieeffiziente Systeme, statt, der sich in offenen Vorträgen mit der Steigerung der Wasser- und Energieeffizienz beschäftigte. (Text: Vera Katzenberger)

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Das abwechslungsreiche Programm der 04. Bamberger Hochschultage Ökosoziale Marktwirtschaft & Nachhaltigkeit

#pandagleich - 10. Münchner Hochschultage

Was ist Gerechtigkeit? Aus einer theoretischen Perspektive ist der Fall eindeutig. Gerechtigkeit ist der optimale Zustand eines sozialen Miteinanders, bei dem stets ein fairer Ausgleich aller Interessen, Vergütungen sowie Chancen hergestellt wird. Doch was bedeutet dies in der Praxis? Ist es fair, wenn alle das Gleiche bekommen? Oder wenn alle das bekommen, was sie konkret benötigen? Ist es gerecht, wenn diejenigen, die größer, stärker und leistungsfähiger sind, mehr bekommen als andere? Und was hat die ethische Grundnorm Gerechtigkeit überhaupt mit Nachhaltigkeit zu tun? Anfang Dezember 2016 widmeten sich die 10. Münchner Hochschultage Ökosoziale Marktwirtschaft & Nachhaltigkeit unter dem Titel „#pandagleich“ den vielseitigen Facetten dieses Themenbereichs.

#pandagleich - 10. Münchner Hochschultage

Das Programm der 10. Münchner Hochschultage

Den Auftakt machte am 06. Dezember 2016 ein Vortrag von Dr. Lukas Köhler, Lehrbeauftragter für Umweltethik an der Hochschule für Philosophie München. Zur Einführung zeigte ein kleines Planspiel die globalen Ungerechtigkeiten anhand der Faktoren Bevölkerung, Einkommen sowie CO2-Emissionen. Mit Hilfe von einigen Tafeln „Die Gute Schokolade“ sollten die Teilnehmer beispielsweise die globale Einkommensverteilung schätzen – was zu einem überraschenden Ergebnis führte. Nur gut, dass die Teilnehmer im kleinen Kreis schnell für Gerechtigkeit sorgten, so dass niemand ohne Schokolade nach Hause gehen musste. Die anschließenden Ausführungen von Dr. Köhler beschäftigten sich insbesondere mit verschiedenen Definitionen von Gerechtigkeit. Dabei strich der Referent insbesondere das Konzept der Generationengerechtigkeit hervor und plädierte dafür, zukünftige Jahrgänge stärker in die Diskussion um den Klimawandel einzubeziehen. Im Anschluss ergab sich eine angeregte Diskussion über den universellen Wirkungsrahmen von Gleichheit und Menschenrechten.

Ein treuer Wegbegleiter und Kooperationspartner der Münchner Hochschultage ist das Rachel Carson Center for Environment and Society der Ludwig-Maximilians-Universität München. Am 08. Dezember fand deshalb das sog. Lunchtime Colloquium im bis auf den letzten Platz gefüllten Theater Leo18 statt. Der französische Soziologe Bruno Latour stellt in seinem Vortrag „From the Anthropocene to the New Climate Regime“ den Stellenwert nachhaltigen Wirtschaftens in den Mittelpunkt.

Am 08. Dezember hieß es dann „Bühne frei“ für eine Neuauflage des Experts-Slams. Diesmal stellten acht Referenten in acht Minuten ihre jeweils eigene Perspektive auf den Themenbereich Gerechtigkeit vor. Dabei war vom klassischen Gedicht über den Diavortrag bis zum mitreissenden Slam alles erlaubt – Hauptsache kein langweiliger Frontalunterricht. Den Anfang machte Darryl Kiermeier mit einem Gedicht zur Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen. Tim Niklas zeigte mit seinem schwarzhumorigen Gedicht auf unterhaltsame Weise, dass auch Schüler_innen sich mit aktuellen Themen aus Politik und Gesellschaft beschäftigen. Max Heisler regte vor der Pause in seinen acht Minuten dazu an, sich über die prekäre Wohnsituation in München Gedanken zu machen und zeigte Wege auf, wie man gegen horrende Mietpreise aktiv werden kann. Nach einer kurzen Stärkung mit belegten Broten und Getränken ging es mit Leo Martz und Laura Bittera vom Nord-Süd-Forum München weiter. Die beiden stellten Ausschnitte aus der UN-Menschenrechtserklärung einigen Zeitungsberichten gegenüber und zeigten so auf, wie viel in Sachen Menschenrechten tatsächlich noch getan werden muss. Anschließend verdeutlichte Josephine Eberhardt von Commit e.V. mit Hilfe von Freiwilligen aus dem Publikum, wie unterschiedlich die Privilegien in unserer Gesellschaft verteilt sind – von Chancengleichheit nicht zu sprechen. Professor Peter Dürr von der Hochschule München erklärte aus der Sicht von Gesellschaft, Markt und Technologie, was „das Gute“ ist und dass keiner der drei Perspektiven das Gute für sich beanspruchen kann, sondern dass für ein soziales und ökologisches Zusammenleben alle drei Faktoren benötigt werden. Nachdem Robert Wager von End Ecocide dazu aufrief, schonend mit unseren Ressourcen umzugehen und die Gerechtigkeit für nachkommende Generationen nicht zu vergessen, begeisterte die ehemalige deutsche U20-Meisterin Fee Brembeck das Publikum mit ihren Slams zur Gendergerechtigkeit. Danach klang der Abend mit prickelnden Getränken, leckerem Essen und interessanten Gesprächen langsam aus.

Den thematischen Abschluss der 10. Münchner Hochschultage bildete eine Kooperation mit dem Nord-Süd-Forum am Münchner Tag der Menschenrechte. Über 50 Initiativen – von A wie Amnesty International, bis Z, dem Zusammenschluss Bayerischer Bildungsinitiativen zbb – veranstalteten zum Abschluss einen ganztägigen Aktionstag im Großraum München mit einem bunten Programm.

Wir bedanken uns recht herzlich beim Café Vorhoelzer Forum der TU München, dem Theater Leo17, sowie der Hochschule München für die gelungene Raumkoordination und bei der Zwergenwiese Naturkost GmbH, VollCorner Biomarkt, Foodsharing, dem Neumarkter Lammsbräu und Quartiermeister für die kulinarische Unterstützung. (Text: Katrin Fischer & Matthias Elbert)

Die 09. Münchner Hochschultage für Ökosoziale Marktwirtschaft und Nachhaltigkeit fanden im Sommersemester 2016 an LMU und TUM sowie am Rachel Carson Center unter dem Titel „Schöne Aussicht oder dünne Luft? Wie wollen wir weiter wachsen?“ statt. Zusätzlich präsentierten sich die ehrenamtlich tätigen Studierenden mit einem Infostand auf dem Streetlife Festival.

Eine Podiumsdikussion unter dem Titel „Wachstumswunde(r)“ eröffnete am 07. Juni 2016, auf der Terrasse der Ludwig-Maximilians-Universität München in der Schellingstraße 3 die Veranstaltungsreihe. Prof. Dr. Reinhard Loske (Universität Witten/Herdecke) und Prof. Dr. Joachim Weimann (Universität Magdeburg) diskutierten nach den eigenen kurzen Impulsvorträgen unter freiem Himmel über Energiepolitik und die zentrale Frage, wie unser weiteres ökonomisches Wachstum aussehen soll. Rund 60 Teilnehmer verfolgten die Auseinandersetzung aufmerksam.

Bei beiden Veranstaltungen am 09. Juni 2016, dem Lunchtime Colloquium mit reichhaltigem Buffet am Vormittag sowie dem Expert-Slam am Abend, mangelte es aufgrund des großen Besucheransturms an Sitzplätzen. Im Rahmen des wöchentlichen Lunchtime Colloquiums des Rachel Carson Centers sprach Oliver Richters von der Universität Oldenburg vor knapp 90 Gästen über die Hintergründe unseres Wachstumsparadigmas. Für neun alternative Wirtschaftsquickies kamen dann am Abend etwa 130 Menschen in das Café Vorhoelzer Forum der TUM. Das an einen Poetry-Slam angelehnte Format, in dem jedem der Vortragenden acht Minuten zur Verfügung standen, zog eine große Bandbreite an interessierten Münchner_innen an. In der Pause und im Anschluss tauschten sich die Zuschauer_innen bei den von den Studierenden zubereiteten bio-veganen Sandwiches aus und knüpften neue Kontakte. Alle Vorträge und alternativen Wirtschaftsquickies wurden von YES2 – dem Filmportal für Grünes Leben aufgezeichnet und stehen online auf Youtube zur Verfügung.

Auf dem Streetlife Festival München am 12. Juni 2016 präsentierten sich die Studierenden mit einem eigenen Infostand, boten ein eigens dafür entworfenes Nachhaltigkeits-Memory mit Lerneffekt an und kamen mit anderen interessierten Student_innen ins Gespräch.

Das Veranstaltungsteam bedankt sich ganz herzlich bei den örtliche Trägern BenE München e.V., dem Verein für Nachhaltigkeit e.V. und dem Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS). Für die unterhaltsame Moderation geht unser an den Journalisten Heiner Müller-Ehrmann sowie an Rebecca Galvan Estacio und Alexander Hausmann von der Diskursarena der LMU. Beim oekom verlag, dem Neumarkter Lammsbräu, dem VollCorner Biomarkt und der Zwergenwiese Naturkost GmbH bedanken wir uns recht herzlich für die kulinarischen Spenden. Zu guter Letzt vielen Dank an das Umweltreferat der TUM und der StuVe der LMU für die fachkundige Technikunterstützung. (Text: Kerstin Knuth)