Was ist Gerechtigkeit? Aus einer theoretischen Perspektive ist der Fall eindeutig. Gerechtigkeit ist der optimale Zustand eines sozialen Miteinanders, bei dem stets ein fairer Ausgleich aller Interessen, Vergütungen sowie Chancen hergestellt wird. Doch was bedeutet dies in der Praxis? Ist es fair, wenn alle das Gleiche bekommen? Oder wenn alle das bekommen, was sie konkret benötigen? Ist es gerecht, wenn diejenigen, die größer, stärker und leistungsfähiger sind, mehr bekommen als andere? Und was hat die ethische Grundnorm Gerechtigkeit überhaupt mit Nachhaltigkeit zu tun? Anfang Dezember 2016 widmeten sich die 10. Münchner Hochschultage Ökosoziale Marktwirtschaft & Nachhaltigkeit unter dem Titel „#pandagleich“ den vielseitigen Facetten dieses Themenbereichs.
Den Auftakt machte am 06. Dezember 2016 ein Vortrag von Dr. Lukas Köhler, Lehrbeauftragter für Umweltethik an der Hochschule für Philosophie München. Zur Einführung zeigte ein kleines Planspiel die globalen Ungerechtigkeiten anhand der Faktoren Bevölkerung, Einkommen sowie CO2-Emissionen. Mit Hilfe von einigen Tafeln „Die Gute Schokolade“ sollten die Teilnehmer beispielsweise die globale Einkommensverteilung schätzen – was zu einem überraschenden Ergebnis führte. Nur gut, dass die Teilnehmer im kleinen Kreis schnell für Gerechtigkeit sorgten, so dass niemand ohne Schokolade nach Hause gehen musste. Die anschließenden Ausführungen von Dr. Köhler beschäftigten sich insbesondere mit verschiedenen Definitionen von Gerechtigkeit. Dabei strich der Referent insbesondere das Konzept der Generationengerechtigkeit hervor und plädierte dafür, zukünftige Jahrgänge stärker in die Diskussion um den Klimawandel einzubeziehen. Im Anschluss ergab sich eine angeregte Diskussion über den universellen Wirkungsrahmen von Gleichheit und Menschenrechten.
Ein treuer Wegbegleiter und Kooperationspartner der Münchner Hochschultage ist das Rachel Carson Center for Environment and Society der Ludwig-Maximilians-Universität München. Am 08. Dezember fand deshalb das sog. Lunchtime Colloquium im bis auf den letzten Platz gefüllten Theater Leo18 statt. Der französische Soziologe Bruno Latour stellt in seinem Vortrag „From the Anthropocene to the New Climate Regime“ den Stellenwert nachhaltigen Wirtschaftens in den Mittelpunkt.
Am 08. Dezember hieß es dann „Bühne frei“ für eine Neuauflage des Experts-Slams. Diesmal stellten acht Referenten in acht Minuten ihre jeweils eigene Perspektive auf den Themenbereich Gerechtigkeit vor. Dabei war vom klassischen Gedicht über den Diavortrag bis zum mitreissenden Slam alles erlaubt – Hauptsache kein langweiliger Frontalunterricht. Den Anfang machte Darryl Kiermeier mit einem Gedicht zur Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen. Tim Niklas zeigte mit seinem schwarzhumorigen Gedicht auf unterhaltsame Weise, dass auch Schüler_innen sich mit aktuellen Themen aus Politik und Gesellschaft beschäftigen. Max Heisler regte vor der Pause in seinen acht Minuten dazu an, sich über die prekäre Wohnsituation in München Gedanken zu machen und zeigte Wege auf, wie man gegen horrende Mietpreise aktiv werden kann. Nach einer kurzen Stärkung mit belegten Broten und Getränken ging es mit Leo Martz und Laura Bittera vom Nord-Süd-Forum München weiter. Die beiden stellten Ausschnitte aus der UN-Menschenrechtserklärung einigen Zeitungsberichten gegenüber und zeigten so auf, wie viel in Sachen Menschenrechten tatsächlich noch getan werden muss. Anschließend verdeutlichte Josephine Eberhardt von Commit e.V. mit Hilfe von Freiwilligen aus dem Publikum, wie unterschiedlich die Privilegien in unserer Gesellschaft verteilt sind – von Chancengleichheit nicht zu sprechen. Professor Peter Dürr von der Hochschule München erklärte aus der Sicht von Gesellschaft, Markt und Technologie, was „das Gute“ ist und dass keiner der drei Perspektiven das Gute für sich beanspruchen kann, sondern dass für ein soziales und ökologisches Zusammenleben alle drei Faktoren benötigt werden. Nachdem Robert Wager von End Ecocide dazu aufrief, schonend mit unseren Ressourcen umzugehen und die Gerechtigkeit für nachkommende Generationen nicht zu vergessen, begeisterte die ehemalige deutsche U20-Meisterin Fee Brembeck das Publikum mit ihren Slams zur Gendergerechtigkeit. Danach klang der Abend mit prickelnden Getränken, leckerem Essen und interessanten Gesprächen langsam aus.
Den thematischen Abschluss der 10. Münchner Hochschultage bildete eine Kooperation mit dem Nord-Süd-Forum am Münchner Tag der Menschenrechte. Über 50 Initiativen – von A wie Amnesty International, bis Z, dem Zusammenschluss Bayerischer Bildungsinitiativen zbb – veranstalteten zum Abschluss einen ganztägigen Aktionstag im Großraum München mit einem bunten Programm.
Wir bedanken uns recht herzlich beim Café Vorhoelzer Forum der TU München, dem Theater Leo17, sowie der Hochschule München für die gelungene Raumkoordination und bei der Zwergenwiese Naturkost GmbH, VollCorner Biomarkt, Foodsharing, dem Neumarkter Lammsbräu und Quartiermeister für die kulinarische Unterstützung. (Text: Katrin Fischer & Matthias Elbert)